Wie sieht Trauer aus?
Trauer – ein großes und schweres Wort. Und eins, das für sehr viele Menschen direkt ein Bild im Kopf aktiviert: Ein typisches Bild von Trauern.
Trauer – wie sie für die Gesellschaft auszusehen hat
Na klar, schwarze Kleidung gehört dazu. Tränen dürfen auch nicht fehlen, aber bitte nur in erträglichen Dosen und lieber nur im stillen Kämmerlein. Öffentlich weinen – puh, das gehört sich nicht. Und wenn überhaupt, dann maximal für Frauen. Männer und Emotionen – das gehört sich nicht. Eine Zeitlang darf man sich zurückziehen, dann sollte man aber wieder ins Leben zurückkehren. Ein Trauerjahr ist okay, danach muss das Thema dann aber bitte erledigt sein.
Trauern – wie es nicht sein darf
Auch da gibts doch ganz klare Vorstellungen:
„Wie, die sitzt jetzt schon mit Freundinnen im Cafe und lacht? Das geht ja gar nicht!“.
„Oh Gott, jetzt fängt der mitten in der Öffentlichkeit an zu heulen. Das ist ja schon irgendwie peinlich.“
„Der fährt sechs Wochen nach der Beerdigung in Urlaub? Na, so traurig kann der ja wohl nicht sein. Das ist ja viel zu früh!“
„Sie ist doch schon vor drei Jahren gestorben. Irgendwann muss man doch drüber weg sein. Das ist doch viel zu lang!“
„Stell dir vor, sie hat einen neuen Freund! Dabei ist ihr Mann doch erst seit 9 Monaten tot.“
Zu traurig, zu fröhlich, zu öffentlich, zu privat, zu lang, zu kurz, zu früh, zu spät – als ob die Trauer einem Lehrbuch folgt. Dem Gesetzbuch der Trauer, in dem in jedem Absatz und jedem Paragraphen ganz klar geregelt ist, wie das mit der Trauer wirklich zu funktionieren hat. Zeitplan, Intensität, Regeln. Das Problem: Trauer folgt keinen Regeln. Genau das macht Trauernde oft unsicher. Darf ich das? Ist es okay so? Die Antwort: Ja, es ist okay. Du bist okay!
Trauer – wie sie wirklich ist
Trauern hat so viele Gesichter, wie es Trauernde gibt. Sie geht vom tiefsten Schwarz über Dunkelbunt bis hin zu Hellschwarz. Es gibt Tage, an denen ist alles dunkel und es gibt Tage, da scheint die Sonne. Traurigkeit gehört zum Trauern, aber sie ist definitiv nicht die einzige Emotion.
Da ist Hoffnungslosigkeit und Hoffnung, da ist Krieg und Frieden, da ist Verzweiflung und innere Ruhe. Und ja, du darfst wütend sein! Auf die Welt, aufs Schicksal und auch auf den Menschen, der gegangen ist. Aber du darfst auch fröhlich sein und lachen. Und du darfst dich leer fühlen, ganz ohne Emotion.
Konstant ist in der Zeit des Trauerns gar nichts. Wie in Schottland manchmal alle fünf Minuten das Wetter wechselt – von Sonne zu Wolken zu Regen zu Nebel und zurück – so wechseln in der Trauer die Emotionen zehn, zwanzig oder dreißig Mal am Tag. Und auch das ist vollkommen okay. Manchmal bekommen unsere Liebsten dieses Gefühlschaos ungefiltert ab. Sie sind da und bekommen die Wut und die Traurigkeit ab. Mit Aggression, mit Ungerechtigkeit oder Zorn. Genauso schnell, wie sie kommen, sind diese Gefühle meistens wieder vorbei.
Sollte dir unangenehm oder peinlich sein, wie du mit Freunden, Familienangehörigen oder Bekannten umgegangen bist, dann zögere nicht! Ruf sie an, bitte um Entschuldigung und erkläre, wie es dir im Moment geht. Denn glaub mir, deine Liebsten sind genauso verunsichert wie du!
Also: Weine! Lache! Schreie! Sei wütend, sei traurig, sei fröhlich! Lass das innere Chaos zu und die innere Leere! Das gehört dazu. All das ist ein Teil des Trauerwegs. All das brauchen dein Kopf und deine Seele, um mit dem Verlust klarzukommen.
Lass dir von niemandem sagen, wie deine Trauer auszusehen hat. Lass sie tiefschwarz sein, dunkelgrau, hellschwarz oder dunkelbunt. Mal hell, mal dunkel, aber immer vollkommen okay. Und vergiss nie: Die Liebe bleibt!
Übrigens: Es gibt immer mehr Forschung zum Thema Trauer. Wenn du noch mehr Informationen möchtest, dann schau bei Trauerforschung.de vorbei. Auch hier in meinem Blog gibt es immer wieder Inspiration und Tipps.
Hast du noch Fragen? Dann schreib mir gern.